Wir hassen die reaktionäre Idee der Betriebsgemeinschaft!

Angesichts der momentanen Krise des kapitalistischen Systems blasen die Kapitalisten und ihre willigen Helfer in den Parteien, Gewerkschaftsspitzen und Medien fortwährend in das gleiche Horn: Alle, Arbeiterinnen wie Kapitalisten zusammen, – so heißt es – müssten nun Opfer bringen, um die Betriebe, den Standort Deutschland und angeblich damit die eigenen Arbeitsplätze zu retten. Ein „Wir müssen alle an einem Strang ziehen“ ist die Begleitmusik für Lohnkürzungen, Kurzarbeit, ausgesetzte Tariferhöhungen sowie für den verschärften Abbau bereits erkämpfter Rechte und sozialer Leistungen.

Im Endeffekt bedeutet dies für die Kolleginnen in den Betrieben: Sie sollen die Folgen der kapitalistischen Krise ausbaden, um die Profite der eigenen Ausbeuter zu schützen.

Und nennen wir das Ganze doch beim richtigen Namen: Es ist die Idee der Betriebsgemeinschaft, die es bereits im ersten Weltkrieg und zur Zeit des Nazismus gab.

Angesichts dieser Angriffe des Kapitals wäre die einzig richtige Antwort die verstärkte Organisierung von Protestaktionen, Streiks, Betriebsbesetzungen und Solidaritätsaktionen mit den Kolleginnen in anderen Ländern. Stattdessen wird durch und mit Unterstützung der Gewerkschaftsführungen eine nationalistische Betriebs- und Volksgemeinschaftsideologie in die Betriebe getragen, die die angeblich gemeinsamen Interessen der Arbeiterinnen und Kapitalisten in Deutschland gegen die „äußeren Feinde“ propagiert.

Wie die Idee der wirklichen Solidarität ausgenutzt und ad absurdum geführt wird und statt dessen in Wirklichkeit die Entsolidarisierung unter den Kolleginnen vorangetrieben wird und dafür eine Kollaboration mit den eigenen Ausbeutern an die Stelle der Solidarität von unten gesetzt wird, das zeigen zwei aktuelle Beispiele anschaulich.

Beispiel 1: Schaeffler

Für die maßgeblichen Gewerkschafts- und Betriebsratsfunktionäre dort spielt es keine Rolle mehr, dass während der Nazizeit bei Schaeffler Zwangsarbeiterinnen ausgebeutet wurden und das in den Betrieben des Konzerns jahrelange Hatz gegen GewerkschafterInnen betrieben wurde. Für sie ist dies alles vom Tisch. Den Schaeffler-Kapitalisten wird nun ein Persilschein ausgestellt und somit der Boden für eine ungestörte Betriebsgemeinschaft gelegt. Bezeichnend die gemeinsame „Demonstration“ (oder nennen wir es besser inszenierten Aufmarsch) der Beschäftigten des Konzerns, wie sie an der gemeinsamen Bühne von Gewerkschafts- und Betriebsratsfunktionären mit der milliardenschweren Besitzerin vorbeimarschierten.

So heißt es dann auch folgerichtig in der „Zukunftsvereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Schaeffler-Gruppe und der IG Metall“:

„Um eine Zerschlagung beider Unternehmen zu verhindern, ist die Rolle der Familie Schaeffler als wesentlicher Ankeraktionär von entscheidender Bedeutung und damit Voraussetzung für die vorstehenden Eckpunkte. Im Interesse der Belegschaften beider Unternehmen wird sich die IG Metall aktiv und öffentlich dafür einsetzen. “

Eine wahre Lobeshymne auf die eigenen Ausbeuter wird als Kampf für den Erhalt der Arbeitsplätze verkauft. Und Frau Schaeffler erklärte zufrieden angesichts dieser Unterordnung der Gewerkschaftsfürsten: „Wir sind zuversichtlich, dass die Einheit zwischen IG Metall und uns als Gesellschafter in so fundamentalen Fragen entscheidend dazu beitragen wird, die Voraussetzungen zur Zukunftssicherung der Conti/Schaeffler Gruppe zu schaffen. “ (IGM-Nachrichten für die Schaeffler-Beschäftigten, 23. 2. 09)

Und was so schön als „Beteiligungsprogramm für die Mitarbeiter“ verklausuliert wird, ist letztlich die Forderung, dass die Kolleginnen von ihren Löhnen einen Teil in das Unternehmen pumpen sollen.

Beispiel 2: Opel

Bei Opel läuft die Propagierung der Betriebsgemeinschaft unter dem Motto „Wir alle sind Opel“. Neben dem Eintreten für weiteren Lohnverzicht spielen die IGM-Führung und Betriebsratsfürsten die deutsch-nationalistische Karte. Auch wenn diese Figuren von einem europäischen Konzept reden, meinen sie letztendlich doch damit immer unter deutscher Führung.

Statt den gemeinsamen Kampf aller Kolleginnen von Opel weltweit gegen die Angriffe des Kapitals zu organisieren, wird die Abspaltung von Opel in Deutschland vom Mutterkonzern General Motors in den USA als die Rettung präsentiert. Statt gemeinsamer, kämpferischer Aktionen mit den Kolleginnen in den USA, wird ein Stillhalten propagiert, das jeden Kapitalisten vor Freude in die Hände klatschen lässt.

Der Gesamtbetriebsrats-Vorsitzender Klaus Franz formuliert dies recht offen: „Nicht Opel ist das Desaster, sondern GM ist das Desaster. “ (faz. net 26. 2. 09)

Und bei all den deutschen-nationalistischen Parolen, wundert es nicht, dass bei den Nazis kaum anders lautende Positionen zu lesen sind, wenn die deutschen Nationalzeitung titelt „Befreit Opel! Jetzt ist der Staat gefordert. Nur unter eigener Flagge, (… ) hat Opel eine Chance zum Überleben. “ (DNZ 6. 3. 09)

Da wo im Rahmen der Betriebsgemeinschaft mit „Wir sind alle eine Familie“ eine klassenübergreifende „Gemeinschaft und Solidarität“ suggeriert wird, steckt doch jetzt schon in Wirklichkeit die Spaltung der Kolleginnen dahinter. Ist es nicht so, dass jetzt Arbeiterinnen verschiedener Werke in Deutschland gegen die Kolleginnen in anderen Ländern ausgespielt werden? Ebenso werden Stammbelegschaften gegen Leiharbeiter, sowie einzelne Abteilungen und Werke gegeneinander ausgespielt. Dort wo die Spaltung schon mal als angebliche Lösung angenommen wird, ist es der nächste Schritt die Arbeiterinnen in einem Betrieb zu spalten. Und dort wo unter den Arbeiterinnen die Spaltung greift, ist die rassistische Hetze gegen Kolleginnen aus der Türkei, Polen, Portugal etc. nicht mehr weit. Das spüren jetzt schon viele Kolleginnen aus anderen Ländern, die mehr oder minder offen angefeindet werden und Sprüche zu hören bekommen wie „Wenn jemand entlassen werden soll, dann doch erstmal die Türken und Polen“.

Das zeigt, dass die Betriebsgemeinschaft die Vorstufe ist zur Durchsetzung der Idee, dass „Deutschland den Deutschen“ gehöre, eben zur Idee der Volksgemeinschaft in jedem Betrieb führen wird. Und da sind die Nazis logischerweise nicht fern.

Hier gilt auch, dass wir GewerkschafterInnen und Antifaschistinnen gegen jegliche Versuche der Nazis ihre Hetze zu verteilen gemeinsam eingreifen, sei es bei Aktionen gegen Nazi-Aufmärsche oder vor und in den Betrieben. Aber auch gegen all jene Gewerkschaftsfürsten, Politiker und Medien, die den Nazis nationalistische Steilvorlagen geben.

Wir hassen die Idee der Volksgemeinschaft!